Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald LV Hessen e.V. zum Entwurf des Hessischen Naturschutzgesetzes Schreiben des HMUKLV zur Verbändeanhörung vom 08.11.2022

Sehr geehrte Frau Baumann, sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit nehmen wir als anerkannte Naturschutzvereinigung zum oben genannten Gesetzesvorhaben wie folgt Stellung. Wir danken Ihnen für die Übersendung der Unterlagen und die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Vorweg möchten wir die Dinge aufführen, die wir im Gesetzesentwurf nicht vorgefunden haben, aber für relevant halten. Wir bitten darum, diese Vorschläge eingehend zu prüfen und im Gesetz zu ergänzen:

Wir vermissen in Bezug auf Klimaanpassungsmaßnahmen im Gesetz Aussagen bzw. Priorisierungen zu Wasserrückhaltemaßnahmen in der Landschaft. Hier wird es in den nächsten Jahren vermehrt Zielkonflikte geben, weil hochwertige Lebensräume oder Habitate in ruhigeren Regionen aber auch landwirtschaftliche Flächen und Wald als Retentionsräume ausgebaut werden müssen, um die Folgen von Starkregenereignissen abzupuffern und um Siedlungen und Menschenleben zu schützen. Zudem nutzen diese Retentionsbecken der Grundwasserneubildung bei derzeit dramatisch sinkenden Grundwasserspiegeln (Daseinsvorsorge).

Ebenfalls im Zusammenhang, aber an sich schon fast ein historisches Kapitel der hessischen Naturschutzgesetzgeschichte, ist eine fehlende rechtliche Aussage zum Thema „Baumschutzsatzungen“. Der Schutz der innerstädtischen Grünbestände mit teilweise sehr altem Baumbestand hat keine durchgreifende Verankerung im Naturschutzrecht. Dabei haben diese Grünbestände eine hohe Bedeutung für den innerstädtischen Klimaschutz, weil ihre Kühlwirkung bei Extremhitze durch Verdunstung und Beschattung sehr bedeutend ist. Aber auch für den Artenschutz spielen die innerstädtischen Anlagen und sogar imposante Einzelbäume eine große Rolle. So dürfte bekannt sein, dass viele der Arten, die zu früheren Zeiten das Umfeld von Städten bewohnten, durch die Siedlungsausweitung aber vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft, sich ihre neuen Lebensräume in den Städten gesucht haben. Innerstädtische Friedhöfe weisen oft ein enorm großes avifaunistisches Inventar auf und sind mit ihren alten Baumbeständen Lebensraum für Fledermausarten. Mancherorts sind innerstädtische Grünanlagen regelrechte Hotspots der Biodiversität. Durch den Klimawandel und verstärkte innerstädtische Bautätigkeit sind viele derartige Grünbestände aber bedroht und in ihrer Vitalität deutlich eingeschränkt. Umso mehr ist es wichtig, sie auf privaten wie auch öffentlichen Flächen zu schützen und langfristig zu sichern. Wir regen daher an, den Kommunen über das neue Naturschutzgesetz eine rechtssichere Handhabe zu bieten, auf deren Grundlage bestehende Baumschutzsatzungen gesichert und neue Normen leicht eingerichtet werden können.

Auch möchten wir anmerken, dass aus unserer Sicht dem Boden im Sinne des Naturschutzes in diesem Gesetz keine ausreichende Bedeutung beigemessen wird. Gesunde und vitale Böden sind von herausragender Bedeutung, wenn es um den Erhalt wichtiger Lebensräume geht. Bodenlebewesen stehen oft am Anfang der Nahrungskette weshalb gesunde Böden entscheidend sind für alle folgen[1]den Konsumenten. Sie sind als Destruenten wichtig bei der Zersetzung und Humusbildung, womit die Bedeutung der Böden auch für den Klimaschutz sichtbar wird. Es reicht unserer Auffassung nach da[1]her nicht, sich hier auf ein recht schwaches Bodenschutzgesetz zu berufen. Biodiversität findet ganz wesentlich auch im Boden statt, weshalb wir im bisherigen Entwurf dieses Gesetzes eine deutliche Aussage zum Schutz auch dieser Biodiversität vermissen.

Ein Naturschutzgesetz aus dem Jahre 2023 soll ein modernes und zeitgemäßes Gesetz sein. Eines der weiterhin größten Probleme im Naturschutz ist der sogenannte „Verbrauch“ (gemeint ist eigentlich die Zerstörung) von Natur und Landschaft. Wir sind daher der Auffassung, dass dieses Gesetz auch Aussagen zum „Flächenverbrauch sowie eindeutige Entsiegelungsziele bzw. Renaturierungsziele braucht. An diesem Umstand hängen viele im Gesetz beschriebene Aspekte.

Stellungnahme zum Gesetzesentwurf:

Erster Teil – Allgemeine Vorschriften

Es ist sehr zu begrüßen, dass Hessen wieder ein eigenständiges Naturschutzgesetz bekommen soll. Das aktuell geltende Hessische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatschG) – allein dieses Sprachungetüm klingt abstoßend – ist nur ein Fragment von unzusammenhängenden Einzelteilen, die als notwendig erachtet wurden, um das Bundesnaturschutzgesetz mit landesspezifischen Umsetzungsregeln für Hessen zu ergänzen. Es hat keinen eigenen Charakter und setzt kaum besondere Akzente im Naturschutz.

Der Entwurf des neuen Gesetzes stellt bereits an den Anfang, worum es im Wesentlichen geht: Biodiversität, Klimawandel und Artenschutz. Das ist sehr zu begrüßen, es klingt damit bereits zu Beginn viel moderner als das BNatschG mit den abstrakten Begriffen wie Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und Nutzungsfähigkeit der Naturgüter.

Konkret regen wir in §3 an, Maßnahmen zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln (insbesondere Insektiziden) zu ergreifen und mit aufzuführen.

Wir begrüßen, dass Bildung (§5) und Teilhabe (§6) sehr weit vorne platziert sind. Allerdings sollte der §5 in „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ umbenannt werden. Um BNE geht es vor allem in der inner- und außerschulischen Bildung.

Die allgemeine Verpflichtung des Landes, der Kommunen und der Bürger zum Schutz der Natur ist sehr zu begrüßen (§7). Allerdings muss das auch gelebt bzw. umgesetzt werden. Dazu müssen vor allem die Kommunen stärker dazu angeregt werden, eine Naturschutzleitlinie für ihre eigenen Flächen zu erstellen. Dieser Prozess sollte vom Land gezielt gefördert werden, z.B. durch einen Zuschuss zu den Erstellungskosten und Beratung. Im Waldnaturschutz könnten Kommunen noch viel mehr tun. Die bisherige konservative Beratung hat eine positive Entwicklung in diesem Bereich mehr behindert als gefördert.

Es ist zwar richtig, die Bedeutung von Landwirtschaft und Forstwirtschaft für Natur- und Klimaschutz herauszuheben (§8), allerdings ist die gemeinsame, undifferenzierte Benennung der beiden Bereiche ungerechtfertigt. Wir schlagen vor, zwei getrennte Paragraphen auszuweisen. Während die Landwirtschaft auf dem größten Teil ihrer Fläche (nur 15 % Anteil Ökolandbau) zurecht immer noch vor allem durch ihre naturbelastende Wirtschaftsweise wahrgenommen wird (Vernichtung von Arten durch Lebensraumentzug, Beseitigung der Strukturvielfalt, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Belastung des Grundwassers, Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß), steht die Forstwirtschaft heute in einem ganz anderen Licht da. Die Anstrengungen der Forstwirtschaft hin zu einer naturnahen, ökologischen Wirtschaftsweise sind unverkennbar auf dem überwiegenden Teil der Flächen angekommen. Die Bundeswaldinventur bescheinigt dem hessischen Wald hohe Anteile naturnaher Mischbestände, starke Zunahmen von Totholz und Habitatbäumen und insgesamt eine nach[1]haltige Wirtschaftsweise. Pflanzenschutzmittel werden fast gar nicht mehr verwendet. Darüber hin[1]aus bildet der Wald in Hessen die wichtigste CO2-Senke überhaupt (ca. 15%).
Daher sollten Land- und Forstwirtschaft in unterschiedlichen §§ gemäß ihrer ökologischen Bedeutung und des künftigen Handlungsbedarfs im Gesetz eingeordnet werden. Sinnvoll ist es zudem im Gesetzestext zukünftig von Waldwirtschaft und nachhaltiger Waldbewirtschaftung zu sprechen, um dieser Entwicklung gerecht zu werden.
Zusätzlich könnte neben der Landwirtschaft und der Waldwirtschaft die Fischereiwirtschaft als dritte naturschutzrelevante Nutzungsform aufgeführt werden.

Zweiter Teil – Landschaftsplanung, Eingriffsregelung, Kompensation

Der zweite Abschnitt des Gesetzes (§§ 11-18 Landschaftsplanung, Eingriffsregelung, Kompensation) wurde im Wesentlichen aus dem Vorgängergesetz übernommen.

In §12 Abschnitt 1 Nr. 7 erscheint es sinnvoll, unbefestigte Wege und vor allem Ackerrandstreifen aufzuführen, da diese für die Fauna der Agrarlandschaft (insbesondere Rebhühner, Hamster, Hasen und diverse Insektenarten) nach Abschluss der Ernte wesentliche Überlebens- und Versteckräume sind. Aus unserer Sicht sollte auch das Verfüllen feuchter Mulden einen Eingriff darstellen.

In Abschnitt 2, Nr. 1 geht es um die Sanierung von Eingriffen, die pauschal hiernach kein Eingriff sein würden. Es wird unsererseits angeregt, diese Regelung nochmal auf den Prüfstand zu stellen. Viele Wald. Deine Natur.
Altlastenflächen liegen bereits seit Jahrzehnten brach. Somit hat sich auf ihnen oft eine Flora und Fauna entwickelt, die einen hohen ökologischen Wert aufweist. Diese dort vorkommenden Lebensgemeinschaften im Rahmen der Sanierung zu vernichten, ohne bestenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft einen Ersatzlebensraum zu schaffen, kann nicht im Sinne dieser Formulierung sein.

Zu Abschnitt 2 Nr. 2 merken wir an, dass dieser Punkt in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten führte, die insbesondere bei der „Pflege“ an Autobahnen auch öffentlich ausgetragen wurden. Unser Vorschlag ist daher, in Absprache mit den betroffenen Behörden und Naturschutzvereinigungen ein Regelwerk zu entwickeln, das die Umsetzung derartiger Maßnahmen klar beschreibt und definiert.

Kritisch wird unsererseits der in §13 Absatz 2 beschriebe Naturraum für die Schaffung von Ersatz eines Eingriffs gesehen. Dieser Naturraum bzw. „Suchraum“ sollte sich immer im gleichen Landkreis befinden. Stellt man sich vor, dass - wie im Gesetz beschrieben - der Naturraum sich auf die Fläche desselben Flächennutzungsplans erstreckt, so sind das im Falle des RegFNP Frankfurt/Rhein-Main 2.458 km² auf denen 2,3 Mio. Menschen leben. Ausgleichsflächen müssen immer im örtlichen Zusammenhang stehen. Nicht ohne Grund fordert die örtliche Bevölkerung immer öfter bei großen Eingriffen, dass der Ersatz vor Ort erfolgt, weil derartige Flächen auch immer eine Bedeutung für die Naherholung, für Abkühlung, Klimaschutz, Klimaanpassung und für den Erhalt der Biodiversität im Umfeld des Eingriffs bedeutet.

Strikt lehnen wir Absatz 4 des §13 ab. „Kompensationsmaßnahmen sollen nur dann auf landwirtschaftlich nutzbaren Flächen durchgeführt werden, wenn sie die landwirtschaftliche Nutzung nicht beeinträchtigen oder auf einer Fläche durchgeführt werden, die für die landwirtschaftliche Nutzung von untergeordneter Bedeutung ist." Diese Formulierung schließt Kompensationsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Böden fast vollständig aus und erhöht den Druck, Kompensationen im Wald durchzuführen. Dies ist aber geradezu paradox, ist es doch besonders wichtig, in der ausgeräumten und artenarmen Feldflur ein neues Angebot für seltene und bedrohte Arten zu schaffen. Die konventionelle Landwirtschaft ist die wesentliche Ursache für den Artenrückgang. Zudem schaffen derartige Kompensationsmaßnahmen auch wichtige Vernetzungselemente und sorgen für eine zumindest partielle Extensivierung der Landwirtschaft. Viele Artenschutzmaßnahmen können nur wirksam dort umgesetzt werden, wo die Maßnahme der betroffenen Art auch wirklich hilft. Wird beispielsweise eine Streuobstwiese für eine Siedlungserweiterung gerodet, so kann diese Ersatzmaßnahme (Neupflanzung einer Streuobstwiese) nur auf landwirtschaftlichen Flächen erfolgen (funktionaler Ausgleich). In der Kulturlandschaft ist eine entsprechende Artenschutzmaßnahme an das entsprechende Kulturlandschaftselement gebunden. Die ursprünglich vorgeschlagene Formulierung ist daher nicht wirklich sinnvoll, weil praxisuntauglich.

Zu §14 regen wir an, die Flächengrößen zu vereinheitlichen. So sollte sowohl in Absatz 1 wie auch in Absatz 2 die Grenze bei 5 Hektar liegen. Auch ist es kritisch zu sehen, wenn von einer zusammenhängenden Fläche die Rede ist, während bereits eine Zufahrtsstraße zwischen zwei Auskiesungsflächen die Gesamtfläche vergrößern könnte. Richtiger ist es, von einer „Gesamtabgrabungsfläche des Betriebs“ gesprochen werden. Wald. Deine Natur.

Dritter Teil – Erholung in der freien Natur

In §19 Absatz 4 wird nebenbei die Einrichtung von „Naturerlebnisräumen“ neu eingeführt. Als Verband, der in Hessen einer der wesentlichen Träger der Waldpädagogik und Umweltbildung ist, begrüßen wir diese neue Möglichkeit ausdrücklich. Um aber diesem sinnvollen Zweck das nötige Gewicht und die gewünschte Aufmerksamkeit zu geben, wäre es von Vorteil, hierfür einen eigenen Paragraphen einzuführen. Auch fehlt an dieser Stelle eine Konkretisierung, die zwar ansatzweise in der Begründung zu finden ist, aber das auch nicht ausreichend.

Vierter Teil – Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft

Im vierten Teil des Gesetzentwurfs (§§ 20-33 Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft) ist die Aufnahme von Moor- (§ 27), und Flussauenschutz (§ 28), sowie der natürlichen Waldentwicklung (§ 29) zu begrüßen ebenso wie die Regelungen zu Biotopverbund und Wildnisgebieten (§30). An dieser Stelle sei aber angemerkt, dass sich die Vorgaben aus der EU-Biodiversitätsstrategie nicht nur auf Waldflächen beziehen. Auch bisher nicht als Wald genutzte Flächen können als Wildnisgebiete ausgewiesen werden. Somit würde beispielsweise auch aus dem Bereich der intensiv wirtschaftenden Landwirtschaft ein Beitrag zu mehr Biodiversität geleistet werden. Auch sollten die Wildnisgebiete aus den bisher aus der Nutzung genommenen Schutzgebieten ausgewählt werden. Hier wäre generell eine Deckelung von 10% für alle aus der Nutzung genommenen staatlichen Flächen festzusetzen. Das würde allen Behörden, Verbänden, Institutionen und Bürgerinnen/Bürgern eine klare und deutliche Planungssicherheit einräumen. Unserer Auffassung nach ist der Gewinn für den Naturschutz sowieso deutlich höher, wenn auf allen landwirtschaftlichen Flächen eine deutliche Extensivierung vorangetrieben wird und auf der gesamten Waldfläche in Hessen die Grundzüge und Ziele, wie sie in der Naturschutzleitlinie für den Staatswald zu finden sind, umgesetzt werden.

Auch der Schutz von Alleen, Streuobstwiesen und Mähwiesen (neu) als weitere geschützte Biotope in §25 in Ergänzung von § 30 BNatschG ist positiv zu bewerten. Wir regen an, hier genauso noch Hecken im Außenbereich, Feldraine und permanent Wasser führende Gräben in die Liste der gesetzlich geschützten Biotope mit aufzunehmen.

Es erscheint unglücklich, in §26 Absatz 4 die Definition der gesetzlich anerkannten Naturschutzverbände an einer an sich sachfremden Stelle (Bewirtschaftungspläne) im Gesetz „dazwischen zu knäulen“. Es würde für deutliche Klarheit sorgen, wenn stattdessen die Definition der „anerkannten Naturschutzvereinigungen“ besser in §58 erfolgt, und alle damit im Zusammenhand stehenden Paragraphen (dann auch der §26 Absatz 4) sich auf den §58 berufen. Die Definition ist ohnehin für den Bürger schwierig, weil das BNatSchG von 2005 kaum noch im Internet zu finden ist.

In §29 wird der Begriff „Naturwald“ neu ins Gesetz aufgenommen. Dieser Begriff ist nach unserer Auffassung sehr schlecht gewählt, weil er impliziert, dass Wald, der nicht für die natürliche Waldentwicklung aus der Nutzung genommen wurde, nicht der Natur entsprechen würde. Dabei zeigt die Bundeswaldinventur, dass große Teile der hessischen Wälder der Potentiell-Natürlichen-Vegetation (PNV) entsprechen oder zumindest sehr nah an einer natürlichen Bestockung sind. Der Begriff Naturwald spiegelt leider eine ideologische Komponente wieder, die ansonsten in dem Gesetz nicht zu Wald. Deine Natur. finden ist. Wir regen an, den Begriff „Naturwald“ ersatzlos zu streichen und nur von „bewirtschaftungssfreiem Wald“ zu sprechen. Somit gäbe es einerseits Wirtschaftswald, der der Holzproduktion und dem langfristigen Klimaschutz dient, und „Bewirtschaftungsfreier Wald“, der alleine den Zielen des Naturschutzes dient.
Wir regen zudem an, in Absatz 3 folgende Ergänzung aufzunehmen: „Eine besondere Verkehrssicherungspflicht begründet sich für die Waldbesitzerin/den Waldbesitzer nicht.“

Leider wurde bisher versäumt, den § 32 (Verträglichkeitsprüfungen in Natura 2000-Gebieten) hin[1]sichtlich einer verständlichen Sprache und klaren Regelung zu erneuern. Hier besteht Handlungsbedarf! Gleiches gilt aber bereits auch schon für §31, der sehr schwer verständlich ist und neu formuliert werden muss.

Fünfter Teil – Schutz der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensstätten

Der fünfte Abschnitt (§§ 33-41 Artenschutz) regelt den Schutz einiger Artengruppen sehr detailliert (z. B. nachtaktive Arten § 35, horstbewohnende Vogelarten § 36) während andere, ebenfalls sehr gefährdete Artengruppen, wie z.B. die Amphibien nur oberflächlich (§ 38 (2)) oder gar nicht (Reptilien) erwähnt werden. Hier stimmt die Feinabstimmung nicht.

In §36 muss unserer Auffassung nach der Schwarzmilan mit aufgeführt werden. Im 2. Absatz Punkt 3 und 4 fehlt eine Angabe in welchem Umkreis dies gilt. Aussagen zu baumbewohnenden und besonders empfindlichen Fledermausarten werden von uns vermisst.

In §37 taucht wie an anderen Stellen auch die Bezeichnung „in der Regel“ auf. Diese juristische Floskel (Gummiparagraph) sagt nichts anderes aus, als dass der Gesetzgeber sich hier nicht wirklich festlegen will. Es stellt sich daher die Frage, ob man die Formulierung „in der Regel“ streicht, dann hat der im Gesetz formulierte Wille wirklich Substanz, oder man streicht gleich den ganzen Satz, dann hat es fast die gleiche Bedeutung, als würde man den Satz so stehen lassen. Wir regen daher an, die Formulierung „in der Regel“ an allen Stellen im Gesetz ersatzlos zu streichen, oder zumindest durch das juristisch ausreichend definierte „grundsätzlich“ zu ersetzen.

In §38 sollte angemerkt werden, dass bei Eingriffen / Zerschneidungen in unzerschnittenen, verkehrsarme Landschaftsteilen immer Alternativen eingehend zu prüfen sind.

Sechster Teil – Organisation des Naturschutzes

Im sechsten Teil (§§ 42-58) ist die Regelung bzgl. der Biosphärenreservats zu beanstanden: In § 43 wird dargelegt, dass die Oberste Naturschutzbehörde die Aufsicht über die Biosphärenregion innehat und für die Erfüllung der Aufgaben zuständig ist. Dem widersprechend wird eine Zuständigkeit für die Verwaltung des Biosphärenreservats Rhön dem/der Landrat/Landrätin des Landkreises zugewiesen. Dies ist abzulehnen. Die Zuständigkeit eines so hochrangigen Schutzgebietes muss ohne Einschränkung direkt bei der Obersten Naturschutzbehörde angesiedelt sein. Die bisherige Zuständigkeit des Landkreises hat zu fehlerhaften Organisations- und Personalentscheidungen geführt, die vor allem Wald. Deine Natur. für die bisher unzureichenden und unbefriedigenden Arbeitsergebnisse der hessischen Biosphärenreservatsverwaltung verantwortlich sind. Hier ist unbedingt eine organisatorische Veränderung erforderlich.

Wir begrüßen ausdrücklich die in §57 erfolgte Wiedereinsetzung von Naturschutzbeiräten bei den Oberen Naturschutzbehörden.
In Absatz 2 Nr2 ist die Formulierung „von überörtlicher Bedeutung“ zu streichen. Diese Formulierung stammt aus der Zeit, als die Naturschutzbeiräte bei den RPs abgeschafft wurden und mit der man die sich öffnende Lücke zwischen den Beiräten bei den UNBs und dem Beirat bei der ONB schließen wollte. Sie betraf damals entsprechend nur die UNBs. Warum die Beiräte bei den UNBs nun weiterhin nur noch bei den Planungen und Planfeststellungen von überörtlicher Bedeutung zu unter[1]richten sind, erschließt sich nicht. Die Beiräte sollen bei allen Planungen und Planfeststellungsverfahren unterrichtet werden.

Zu §58 ist anzumerken, dass der letzte Satzteil des Absatzes 1 alle anerkannten Naturschutzvereinigungen in Hessen sowieso umfasst, weil ihre Anerkennung auf Grund des Gemeinnützigkeitszwecks „Naturschutz und Landschaftspflege“ erteilt wurde. Somit ist nicht ausschlaggebend welcher Satzungszweck in der jeweiligen Satzung überhaupt aufgeführt ist, sondern alle in §58 HeNatG (Hessisches Gesetz zum Schutz der Natur und der Pflege der Landschaft) und §63 BNatSchG genannten Sachverhalte. Der Satzteil „… soweit sie durch das Vorhaben in ihren satzungsgemäßen Aufgabenbereichen berührt werden“ sollte daher ersatzlos gestrichen werden, weil er nur für Verwirrungen sorgt.
Es erscheint sinnvoll, in §58 die Definition der anerkannten Naturschutzvereinigungen und nicht in §26 Absatz 3 aufzunehmen. Siehe hierzu auch die Anmerkungen zum §26. Der 3. Absatz des §58 muss ersatzlos gestrichen werden. Es ist doch gerade der ehrenamtliche Naturschutz, der durch seine große Ortskenntnis und teilweise Jahrzehnte langen Beobachtungen die Auswirkungen beurteilen kann. Darüber hinaus enthält der § 63 (2) BNatschG Tatbestände, die sehr weitreichende Folgen für Natur und Landschaft haben können. Wenn die Entscheidung über die „Erheblichkeitsschwelle“ ausschließlich bei den Vorhabensträgern/Behörden liegt und noch nicht mal eine Rückmeldung über die Entscheidung an die Naturschutzvereinigungen vorgesehen ist, ist das für die gewünschte Mitwirkung des Ehrenamts im Naturschutz kontraproduktiv. Wir lehnen diese Einschränkung strikt ab.

Siebter Teil Beschränkung von Rechten

In die Liste in §59 sollten auch die Begriffe „Anerkannte Naturschutzvereinigung“ und „Naturerlebnisräume“ aufgenommen werden.

In §60 Absatz 3 fehlt der Hinweis, dass hierdurch keine erweitere Verkehrssicherungspflicht für die Eigentümerin/den Eigentümer entsteht.

Zu §62: In der Vergangenheit haben Naturschutzvereinigungen immer wieder versucht naturschutzrelevante Grundstücke zu erwerben. Die Landwirtschaftsämter verhinderten (teilweise auch erfolgreich) mit Hilfe des in den Grundzügen noch aus dem Dritten Reich (Blut-und-Boden-Ideologie) Wald. Deine Natur. stammenden Grundstücksverkehrsgesetzes derartige Käufe, selbst wenn sich kein Landwirt für die oft schwer zu bewirtschaftenden Flächen (insbesondere an Gewässern) interessierte. Wir regen hiermit an, dass auch anerkannte Naturschutzvereinigungen in den Genuss dieses Vorkaufsrechtes kommen können, wenn die Nutzung dieses Grundstückes dem Naturschutz dient.

Neunter Teil Übergangs- und Überleitungsvorschriften …

Keine Anmerkungen

 

 

Für Rückfragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Bernhard Klug
Landesvorsitzender

Christoph von Eisenhart Rothe
Landesgeschäftsführer

 

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