Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Landesverband Hessen e.V. (SDW)
zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hessischen Waldgesetzes und des Hessischen Fischereigesetzes
Sehr geehrter Herr Wilke, sehr geehrter Herr Piper, sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank, dass Sie uns um unsere Stellungnahme zur Änderung des oben genannten Hessischen Waldgesetzes baten. Wir kommen dieser Aufforderung als Mitglied im Landesforstausschuss, in der Landesbetriebskommission und im Landesnaturschutzbeirat sowie als anerkannte Naturschutzvereinigung gerne nach. Die leider verspätete Abgabe bitten wir zu entschuldigen.
Nachdem eine Änderung des Bundeswaldgesetzes unter der vorherige Bundesregierung nicht erfolgte, findet nun im vorliegenden Entwurf an vielen Punkten lediglich eine redaktionelle Aktualisierung statt, auf die wir im Einzelnen nicht eingehen werden.
Wir nehmen wie folgt Stellung:
§2 Begriffsbestimmungen
{1}Wald im Sinne dieses Gesetzes sind ...
4. Waldwege, die als Zuwegungen zu Windenergieanlagen dienen.
Werden Waldwege alleine aus dem Grund, dass sie Zuwegungen zu WEA sind, gebaut, so dienen sie nicht dem Wald, wie es §2 Abs. 1 des Bundeswaldgesetzes definiert. Diese Zuwegungen sind zudem oft sehr breit und deutlich tragfähiger ausgebaut als ein normaler LKW-fähiger Waldweg. Der damit verbundene Eingriff ist somit deutlich größer und würde ohne den Bau der WEA nicht geschehen. Die Aufnahme dieser Wege in die Walddefinition hat alleine den Hintergrund, die Ausgleichs- und Wiederaufforstungsflächen
zu verringern. Somit wird der Bau von Zuwegungen zu WEA im besonderen Maße privilegiert - im Vergleich zu anderen Vorhabenträgern, die beispielsweise Wege zu Wasserwerken,
Kiesgruben oder anderen Vorhaben bauen. In Zeiten des Klimawandels mit besonders gravierenden Waldschäden muss es im Interesse des Gesetzgebers sein, dass es zu einer Waldmehrung statt zu einer Waldverringerung kommt. Somit auf die Ersatzaufforstungen zu verzichten, ist nicht im öffentlichen Interesse, sondern bevorzugt alleine den Windparkbetreiber. Die SDW lehnt daher diese Änderung entschieden ab. Gleiches gilt generell für den Baum von WEA in Wäldern, so denn keine wirkliche Alternativenprüfung außerhalb des Waldes für den Standort erfolgte.
{2} Kein Wald im Sinne des Gesetzes sind ...
3. b) Flächen mit Gehölzbewuchs, die über einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren durch eine unterlassene landwirtschaftliche Nutzung entstanden sind.
Aus Sicht der SDW können mit Bäumen bestockte Flächen, die zwar als landwirtschaftliche Flächen im Grundbuch geführt sind, nicht folgenlos wieder gerodet und zu Grün- oder Ackerland zurückgewandelt werden. Hierfür bedarf es einer Einzelfallbetrachtung, da die Bestockung mit Waldbäumen im Alter von 25 Jahren bereits geschlossene Waldbestände umfassen kann, die durchaus ein waldtypisches Innenklima und vor allem eine waldtypische ökologische Bedeutung haben. Diese Flächen, ohne genaue Betrachtung und Beurteilung der Forstbehörden, dann wieder „roden" zu dürfen, wiederspricht nicht nur der grundsätzlichen Definition des §2 (1) Satz 1 des BWaldG, sondern bringt den
Eigentümer mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit auch in Konflikten mit dem aktuellen Artenschutzrecht.
Es ist auch die berechtigte Frage zu stellen, warum ein Eigentümer, der seine Fläche 25 Jahre unbewirtschaftet der Sukzession überlassen hat, nun diese Fläche wieder als Grün- oder Ackerland nutzen will. Wir raten daher dringend davon ab, diese Formulierung so zu übernehmen und keine Prüfung des Einzelfalls vorzunehmen. Denkbar wäre eine deutliche Verkürzung des Zeitraumes auf 10 Jahre.
§ 8 Waldschutz
Der SDW fehlt in den Formulierungen des gesamten Paragraphen der 11Gemeinschaftsgedanke". Waldbrände stellen eine Gefahr für den Wald als Ökosystem, aber auch als Eigentum, dar, die an Grundstücksgrenzen und Fluren keinen Halt macht. Die Bekämpfung, aber auch die Prävention von Waldbränden muss daher gemeinschaftlich erfolgen. Der Appell des „gemeinsamen vorbeugenden Waldschutzes" sollte vorangestellt werden. Hierbei sind aber nicht nur Forstbehörde und Waldeigentümer alleinige Partner. Insbesondere die örtlichen Feuerwehren sind zu regelmäßigen Übungen, Bewegungsfahrten und zum gegenseitigen Kennenlernen aller Akteure und Umstände einzuladen.
Die Erhebung von Daten zur Waldbrandvorsorge sehen wir als sinnvoll an. Auch ist es richtig, vorhandene Daten einzufordern, wobei es schwer vorstellbar ist, dass die Forstbehörden in Zeiten der digitalen Datenerhebung und der hochwertigen Auswertung von Luftbildern, diese Daten nicht mit geringem Aufwand selber erstellen können. Wenn dem Waldeigentümer beim Einfordern der Daten verdeutlicht wird, welche Vorteile im Brandfall sich auch für ihn ergeben, und im Idealfall sein Wald
vor einem sich ausbreitenden Waldbrand verschont wird, wird dieser in nahezu allen Fällen diese Daten zur Verfügung stellen.
Die in Absatz 7 Punkt 3 genannte Bedingung für die Erstattung von Kosten ist rechtlich nur durchsetzbar, wenn nachgewiesen werden kann,
a) dass der Waldeigentümer die Daten nicht hatte,
b) diese nicht zur Verfügung stellte und
c) die fehlenden Daten dazu führten, dass der Gesamtschaden des Waldbrandes größer wurde.
Diesen Nachweisgerichtsfest zu leisten, halten wir für äußerst schwierig.
,,Das Drohen mit der Keule" sollte daher nicht in die Hessische Forstpolitik Einzug halten.
§12 Walderhalt(ung) und - umwandlung
An dieser Stelle wäre es sicher angebracht statt „Walderhaltung" die zeitgemäßere und modernere Schreibweise „Walderhalt" zu wählen.
Absatz 2 eingefügter Satz nach 2.: Wir regen an, an dieser Stelle konkreter zu werden und ähnlich wie in Paragraph 7 Absatz 1 eine Frist
von 6 Jahren zu nennen. Diese Frist beginnt nach Beendigung der vorübergehenden Nutzungsänderung. Nur von einer angemessene Frist zu sprechen, die dann wiederum in einem Kommentar definiert wird, der wie bei der letzten Änderung 2022 erst drei Jahre nach der Änderung des Gesetzes erscheint, ist nicht sinnvoll und praxistauglich.
Die Neuformulierung des Absatzes 3 wird von der SDW so mitgetragen. Die Formulierung der „erheblichen Beeinträchtigung" ist zwar strenger, aber auch eindeutiger, als die einer wesentlichen Bedeutung.
§13a Bannwald
Ob die Kürzung der Formulierungen in Absatz 2 eine Verbesserung oder Verschlechterung des Bannwaldschutzes bedeuten, wird schließlich auch in Zukunft wieder mal von Gerichten geklärt werden. Wie oft diese Formulierung geändert wurde? Leider ist festzustellen, dass jedenfalls das ursprüngliche Ziel, Wald auf Grund seiner Unersetzbarkeit für die Gesellschaft für immer an seinem Standort zu schützen, mit der alten wie der neuen Formulierung nicht erreicht werden kann.
§13b Naturwald
Die SDW kritisiert hier die Wortwahl „Naturwald" die im Umkehrschluss bedeuten muss, dass der übrige nicht als „Naturwald" ausgewiesene Wald nicht natürlich oder der ursprünglichen Natur nahe ist. Es wird auch zukünftig viele tausende Hektar Wald geben die sehr natürlich sind, aber nicht als 11Naturwald" ausgewiesen wurden bzw. werden, aus welchen Gründen auch immer. Wir regen daher an, hier einen anderen Begriff zu verwenden. Vorstellbar wären Begriffe wie 11 Naturschutzwald", 11Waldreservat", 11 Naturwaldentwicklungsfläche" ...
13c Erholungs-, Kur- und Heilwald
Wir begrüßen außerordentlich die neue Kategorie „Kur- und Heilwälder" im Waldgesetz, die auch die große Bedeutung der Wälder für die Gesundheit und Erholung der Menschen hervorhebt. Es bleibt zu hoffen, dass die betroffenen Städte und Gemeinden die Gelegenheit nutzen und dieses besondere 11Siegel" nutzen.
13d Ersatzaufforstung und Walderhaltungsabgabe
Absatz 1: Leider wird an dieser Stelle eine „Kann-Formulierung" gewählt. Die SDW fordert, dass es stattdessen zukünftig heißt: ,,Zur Genehmigung vom Maßnahmen der Waldumwandlung nach §12 Abs. 2 Satz 1 ist vom Antragsteller der Nachweis einer erfolgten, mindestens flächengleichen Ersatzaufforstung
in dem betroffenen Naturraum vorzulegen". (Ende Absatz 1)Wald ist gerade in Zeiten des rasant fortschreitenden Klimawandels vielerorts bedroht und muss in seiner Ausdehnung unbedingt erhalten bleiben. Ohne den Nachweis einer Ersatzaufforstung kann eine Rodung von Wald (Waldumwandlung) ansonsten nicht erfolgen!
Absatz2: Bannwald ist gemäß §13a in besonderem Maßeschützenwert. Es ist daher als Bedingung zu formulieren, dass Bannwald nur gerodet werden darf, wenn eine mindestens dreifach größere Ersatzaufforstung nachgewiesen wird . Eine Zahlung einer Walderhaltungsabgabe ist im Falle der Rodung von Bannwald auszuschließen. Sollte der Gesetzgeber diesen Ausgleich dennoch im Gesetz vorsehen, so ist auch die Walderhaltungsabgabe mit dem Faktor drei zu erhöhen. Die SDW hält aber eine Walderhaltungsabgabe grundsätzlich nicht für das geeignete Mittel, um die Waldfläche in Hessen zu erhalten - schon gar nicht für Bannwald. In Absatz 5 sehen wir ein falsches Signal. Natur- und Landschaftsschutz dürfen nicht gegen den Wald gespielt werden. Die Klimaschutzfunktion von Wäldern ist so bedeutend, dass sie als COr Speicher wie auch als örtliche „Klimaanlage11 nicht hinter Natur- und Landschaftsschutz gestellt werden dürfen.
Daher regen wir an, diese Ergänzung unbedingt wieder zu streichen und Wald als natürliches Ökosystem mit großer Bedeutung für den Klimaschutz nicht hinter andere Naturschutzbelange anzustellen.
NEU: §15 Betreten des Waldes, Reiten und Fahren
Absatz 1: Jeder darf den Wald zum Zwecke der Erholung nach den Maßgaben von §14 Abs. 1 Satz 3 und 4 Bundeswaldgesetzes und der Bildung sowie der nachfolgenden Abs. 2 bis 4 betreten. Seit der Einführung des Landesbetriebes Hessen-Forst 2021 steht im Waldgesetz (vor 2013 Forstgesetz) unter den Aufgaben des Landesbetriebes Hessen-Forst in §27 Abs. 2 Punkt 7. Die fachliche Aus-,Fort- und Weiterbildung, Waldpädagogik, Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung ... . Somit hat HessenForst einen über das Waldgesetz klar formulierten Bildungsauftrag, ähnlich wie Kindergärten (Bildungs-und Erziehungsplan), Schulen und Universitäten. Anders als bei den vorgenannten Institutionen ist der Ort, an dem die Bildung durch Hessen-Forst stattfindet, nicht klar definiert. Aber auch andere Institutionen, Verbände, Waldpädagogen, Naturparks etc. nutzen den Wald als Bildungsort.
Grund ist dafür, dass sich fundamentale naturwissenschaftliche zusammenhänge vom Wasserkreislauf, über die Ökologie bis hin zur Photosynthese im Wald sehr gut erklären lassen. Das Interesse an Bildungsveranstaltungen im Wald nimmt stetig zu. Die Corona-Pandemie hat die Menschen verstärkt in den Wald gezogen. Die Menschen möchten mehr über den Wald, aber auch die lokalen wie globalen zusammenhänge erfahren. Der Wald ist daher ein besonderer Lernort, so dass sich dies auch im Waldgesetz wiederspiegeln sollte. Der Hessische Landtag kann durch die Aufnahme des Waldes als Bildungsort im Waldgesetz diese ganzheitliche Bildungsarbeit zusätzlich unterstützen und stärken.
Nicht ohne Grund haben sowohl die BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) als auch die 17 SDG (Sustainable Development Goals/ Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN) sehr viele Verbindungen mit dem Wald.
§21 Zuständigkeiten im hoheitlichen Bereich
Absatz 5: Die Einführung der Möglichkeit, Forstschutzbedienstete auch im Privat- und Körperschaftswald auf Antrag zu bestätigen, wird begrüßt. Wenn wir die Neuerung richtig verstehen, wird zumindest in Teilen somit etwas Vergleichbares wie der LÜD (Landschaftsüberwachungsdienst) wieder eingeführt. Dieser wurde mit dem LFN-Reformgesetz 2001 abgeschafft. Die Einführung des Forst schutzdienstes im Privat- und Körperschaftswald kommt einer langjährigen Forderung der SDW nach, die in zahlreichen Stellungnahmen dies immer wieder gefordert hatte.
Wir möchten freundlich um die Beachtung unserer Anmerkungen und Anregungen bitten. Für Rückfragen
stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph von Eisenhart- Rothe
Landesgeschäftsführer